2016 Ausgleichsflächenmonitoring im Landkreis Augsburg
Evaluierung von Ausgleichs- und Ersatzflächen aus Eingriffsregelung und Ländlicher Entwicklung in Landkreis und Stadt Augsburg
Bearbeiter: Dr. Hermann Stickroth, Augsburg
Gefördert durch den Bayerischen Naturschutzfonds aus Zweckerträgen der GlücksSpirale
Zusammenfassung
Die „Evaluierung von Ausgleichs- und Ersatzflächen aus Eingriffsregelung und Ländlicher Entwicklung in Landkreis und Stadt
Augsburg“ war das Projekt 2016 des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV), Kreisgruppe Augsburg. Gefördert wurde das Projekt vom Bayerischen Naturschutzfond aus den Mitteln der GlücksSpirale.
Ziel erreicht?
Seit den 1980er Jahren stieg die Zahl der Ausgleichs- und Ersatzflächen sowie anderer Flächen für den Natirschutz in
Bayern stetig an. Um den Überblick zu behalten, wurde 1998 eine Datenbank der "ökologisch bedeutsamen Flächen" eingerichtet
("Bayerisches Ökoflächenkataster"). Darin eingetragen werden Ausgleichs- und Ersatzflächen gemäß der
naturschutzrechtlichen und der baurechtlichen Eingriffsregelung, zu Naturschutzzwecken angekaufte Grundstücke, sonstige
Flächen (v. a. aus Verfahren der Ländlichen Entwicklung) und Ökokonten.
Ziele des Ökoflächenkatasters sind, den Vollzug der Eingriffsregelung zu
unterstützen und die naturschutzfachlichen Ziele der Grundstücke zu sichern.
Die Genehmigungs- und Eingriffsbehörden bzw. Gemeinden sind verpflichtet,
solche Flächen zu melden und deren Einrichtung und Pflege sicher zu stellen. Dies führt zu der unbefriedigenden Situation, dass die Naturschutzbehörden keine eigene Zuständigkeit für einen Großteil der Flächen haben, die für den
Naturschutz gesichert werden. Es ist unklar, ob alle rechtlich festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzflächen eingerichtet und gemeldet werden. Es ist auch unklar, in welchem Zustand sich diese Flächen Jahre nach ihrer Einrichtung befinden, und ob sie ihrer
Zweckbestimmung für den Naturschutz
erfüllen.
Deshalb sollte dieses Projekt exemplarisch in Stadt und Landkreis Augsburg überprüfen, ob die gemeldeten Ökoflächen
auffindbar sind, und in welchem Zustand sie sich befinden. Durch Recherchen und Interviews mit den Genehmigungs- und Eingriffsbehörden, den Naturschutzbehörden und anderen Akteuren im Naturschutz wurde auch die operative Umsetzung der Eingriffsregelungen
hinterfragt.
2.240 Ökoflächen (ohne Ökokonten) waren 2016 in Stadt und Landkreis Augsburg
gemeldet. Deren Größe reichte von weniger als 0,5 m²
bis zu 15,1 ha und betrug im Mittel 0,17 ha. An den Vor-Ort-Kontrollen der Ökoflächen beteiligten sich 63 Personen. Diese überprüften 2.126 Flächen
und bewerten sie mithilfe eines Fragebogens nach Anteil der umgesetzten Fläche
(vollständig, teilweise, nicht) und Qualität der Maßnahmen. 61 % der
überprüften Flächen waren dem Offenland (ohne Acker), 26 % den Gehölzen (Hecken, Gebüsch, Bäume, Wald), 5 % den
Streuobstwiesen und jeweils 3 % den Gewässern sowie anderen Lebensraumtypen zuzuordnen.
Öko oder nicht Öko?
21 % der Flächen ließen keinen Mangel erkennen. 33 % Ökoflächen zeigten geringe und 26 % deutliche oder starke Mängel,
und 15 % der Flächen waren nicht vorhanden. Häufigste Gründe für Letzteres waren fehlende Umsetzung oder vollständigen Fremdnutzung (Land- und Forstwirtschaft, Bebauung und Siedlungstätigkeit, Verkehrsflächen usw.), aber auch dass Flächen doppelt im
Ökoflächenkataster vertreten waren, weil sie entweder doppelt eingegeben wurden (vom gleichen Eingriff), oder weil sie doppelt verwendet wurden (von verschiedenen Eingriffen). Je kleiner die Flächen waren, umso höher war das Risiko, das sie eine Fremdnutzung erfuhren
oder nicht erstellt wurden.
Die schlechtesten Bewertungen erhielten Streuobstwiesen (nur 11 % ohne Mängel) und Offenland (21 % ohne Mängel), während
Hecken und Gebüsch zu 61 % und Baumbestände zu 92 % ohne Mängel waren. Die wichtigsten Negativfaktoren waren fehlende Pflege und zu intensive Nutzung, aber auch falsche Pflege (z. B. Mulchen), Störungen sowie Verschmutzung oder Eutrophierung.
Wurden die Flächen durch einen Landschaftspflegeverband gepflegt, waren waren
sie in einem deutlich besseren Zustand. Auch Ankaufflächen für den Naturschutz befanden sich überwiegend in einem
guten Zustand, v. a. waren sie immer vorhanden.
Probleme bei Planung, Umsetzung und Kontrolle
Ein Teil der Probleme beruhte auf fehlerhaften oder fehlenden Eingaben in das Ökoflächenkataster. Die Entwicklungsziele und
Vorgaben zur Pflege waren oft zu ungenau, bei Lebensraumkomplexen nicht ausreichend genug differenziert und nicht selten widersprüchlich. Die „Ansaat einer Fettwiese“ gehört genau so wenig auf eine Ökofläche wie die Pflegeanweisung „Mulchen“.
Ökoflächen befinden sich ohnehin viel zu oft im Nahbereich intensiver Nutzungen, so dass Fremdnutzung mitunter unausweichlich
erscheinen.
Das gleiche Problem ergibt sich, wenn die Flächen sehr klein oder lang und schmal sind, weil dadurch enorme Randeffekte
entstehen.
Der unzureichende Zustand der Flächen deutet darauf hin, dass viele Gemeinden
und Genehmigungsbehörden mit der Kontrolle der Flächen fachlich oder personell überfordert sind oder es damit nicht so genau nehmen. Zwar geben sie überwiegend an,
solche Kontrollen auszuführen, räumen aber zugleich Probleme damit ein.
Die Umsetzung der Kompensationsverpflichtungen sei zu kompliziert, teuer und arbeitsintensiv. Die
Bereitstellung
von Flächen werde aufgrund Knappheit und Preisentwicklung immer problematischer. In manchen Gegenden sei auch das
Organisieren einer fachgerechten Pflege schwierig, vor allem wenn es sich um kleine Flächen handelt. Die
Wertungskriterien seien zu hoch, ebenso die Ausgleichsforderungen. Einzelne Gemeinden gaben an, externe
Fachbüros mit Umsetzung und Kontrolle der Ökoflächen zu betrauen, und machten gute Erfahrungen damit.
Um die Missstände abzubauen, bedarf es einer konsequenten Umsetzung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung, von der
Planung, über die Meldung im Ökoflächenkataster, die Einrichtung und Pflege bis hin zu späteren Kontrolle, ob die
Entwicklungsziele erreicht wurden.
Artikel über das Projekt im "Flugblatt" 2017 der Kreisgruppe Augsburg